

Definitionen des Content-Marketing und der Wert von Content
Inhaltsverzeichnis
Jeder, der Content-Marketing betreibt, möchte seine Inhalte und Angebote sichtbar machen. Im Internet gibt es zahllose Beschreibungen davon, wie man Content erzeugt, der gesehen wird.
Es handelt sich bei diesen Hinweisen inzwischen um Selbstverständlichkeiten: Der Content muss hochwertig sein, er muss relevant sein, er sollte gut lesbar sein, die Website muss gut aussehen, es muss auf eine gute Usability geachtet werden etc. etc. etc.
Dies sind alles wichtige Punkte. Nicht selten jedoch werden sie einfach nur aufgezählt, ohne sie in einen Wirkzusammenhang zu stellen. Die Begriffe bleiben leer: Fragten wir fünf Personen, welcher Begriff im Content-Marketing denn nun der wichtigste wäre, erhielten wir sehr wahrscheinlich fünf unterschiedliche Antworten. Es ist, als wollte man den Startpunkt eines Kreises wissen. Content-Marketing lässt sich nur im Zusammenspiel der verschiedensten Faktoren erklären, scheint es.
Verwoben sind unter anderem Kommunikationsansätze, Vorstellungen von Kunden, Metriken, KPIs, Automatisierungen, Technologien oder Taktiken, Modelle und Strategien. An allen Teppichkanten finden wir Fäden, die irgendwie in den CM-Teppich hineinführen. Aber welcher Faden führt zum Zentrum, also zu dem, was das Content-Marketing im Innersten ausmacht? Was ist das ursprüngliche Prinzip des Content-Marketing?
Dieser Versuch, den richtigen Faden zu finden, konfrontiert uns unter anderem mit den folgenden Fragen, auf die wir schon zahlreiche Antworten bekommen haben: Wieso muss Content hochwertig sein? Wieso ist der Kundennutzen so wichtig? Wieso brauchen wir gute Usability? Und wenn wir dies alles wissen: Welche Konsequenzen hat das für die strategische Ausrichtung von Unternehmen? Diese tiefer gehenden Fragen führen direkt in den Begriffsnebel des Content-Marketing.
Content-Marketing-Definitionen: Steigen wir auf die Schultern von Riesen
Content-Marketing ist – wie schon an anderem Ort erwähnt – komplex und deshalb schwer in seinem Zusammenwirken zu verstehen. Auf der Suche nach Antworten finden sich zahllose Definitionsansätze, die häufig eher verwirren als dass sie Aufklärung verschaffen. Das Content-Marketing in Deutschland ringt um Begriffe und Definitionen.
Ohne Orientierungspunkte wird es in dieser Hinsicht schwer: In Deutschland findet sich eine kleine Content-Marketing-Szene, deren bekannteste Personen zahlreiche Inhalte zum CM publiziert haben. In diesem Zusammenhang fällt mir ein geflügeltes Wort ein, über das Robert K. Merton einen Brief / ein ganzes Buch geschrieben hat: ‘Ein Zwerg, der auf den Schultern eines Riesen steht, kann weiter sehen als der Riese selbst.’ Das muss nicht immer von Vorteil sein, es könnte einem schwindelig werden – aber versuchen wir es trotzdem: Steigen wir also auf die Schultern von Riesen im Content-Marketing und fangen wir dabei bei Klaus Eck und Doris Eichmeier an.
Deren Verdienst ist aus meiner Sicht, neben einer sehr aufschlussreichen Bearbeitung des Themas schon im Titel Ihres Buchs „Die Content-Revolution im Unternehmen“ auf eine dramatische Veränderung in der Content-Verarbeitung hinzuweisen. Dies schien mir anfangs zu weit gegriffen, hat sich aber immer mehr bewahrheitet. Content-Marketing ist aktuell der einzige Ansatz, der in Unternehmen eine ganzheitliche Verarbeitungsweise von Content ermöglicht.
Kurz: Diese Definition hat mich irritiert. Genau betrachtet werden hier wichtige Themen nur aufgezählt, aber nicht in Ihrer Mechanik beschrieben, also wie sie zusammenwirken und dadurch ihre Kraft entwickeln.
Laut dieser Ausführung geht es darum, die Aufmerksamkeit von Stakeholdern zu erlangen und über Kommunikationsmaßnahmen zu halten, ohne dass aber in der Definition eine konkrete Konsequenz benannt wird.
Insofern finden wir darin nur zahlreiche Schlagworte ohne Konklusion oder inhaltliche Verschränkung: Es bleibt unklar, was an dieser Stelle final herauskommen soll, denn nur die Aufmerksamkeit des potentiellen Kunden aufrecht zu erhalten ist für Unternehmen zu wenig. Diese Textpassage vermag zwar einen Bedeutungsraum zu eröffnen, funktioniert jedoch nur im Kontext der weiteren Erläuterungen des Buches. Klaus Eck selbst hat diese Passage einmal in einem Xing-Beitrag als Definition bezeichnet, weshalb ich sie in dieser Form hier verarbeite. Für sich alleine betrachtet bleibt diese Definition zu vage – ich würde sie eher als Aufzählung allgemein wichtiger Elemente des Content-Marketing bezeichnen.
Dies führt uns zu der Frage: Was soll eine Definition überhaupt leisten? Wie am Einführungsbeispiel bei Eck/Eichmeier und auch nachfolgend ersichtlich, ist es unheimlich schwer, die Komplexität des Content-Marketing in einen kurzen, für sich alleine funktionierenden Absatz zu pressen.
Definitionen verdichten mit ihrer Begriffswelt komplexe Sachverhalte in kurze Beschreibungen.
Definitionen verdichten mit ihrer Begriffswelt komplexe Sachverhalte auf sehr kurze Aussagen: Sie formulieren die Essenz von Erkenntnissen und fungieren dabei wie ein Etikett, das man auf einen zusammengerollten Teppich aufklebt und das beschreibt, was wir vorfinden, wenn wir den Teppich ausrollen. Auf das Content-Marketing übertragen bedeutet es, dass eine Definition des Content-Marketing so formuliert sein muss, dass sich das gesamte Gefüge nachvollziehbar aus der Definition wieder herausarbeiten lassen kann.
Definitionen sind unser grundlegendstes Instrumentarium, um aus einem bestehenden Verständnis heraus Konzepte und Strategien zu entwickeln. Ebenso ermöglichen sie, aus neuen Erkenntnissen (beispielsweise aus erfolgreichen neuen Anwendungsformen) neue Begriffe abzuleiten, die als neu erarbeitete Verdichtung den Aufbau von neuen Konzepten und neuen Strategien erlauben.
Dieser Blick auf das potentiell Neue führt dazu, dass wir nicht damit aufhören können, uns an Definitionen und Begriffen abzuarbeiten. Diese Definitionen müssen in ihren verwendeten Begriffen den Bedeutungshorizont des Content-Marketing scharf genug eingrenzen, um eine zu ausufernde Interpretation zu verhindern, und doch genügend Spielraum bieten, um Neuerungen gleich mit einzufangen. Darin gründet meine Kritik an der Definition von Eck/Eichmeier: Sie verdichtet zu wenig und müsste bei Neuentwicklungen im Content-Marketing aufgrund ihres beschreibenden (und eben nicht verdichtenden) Charakters kontinuierlich mit weiteren Themen in der Aufzählung erweitert werden und käme niemals zu einem Ende.
Definition des Content-Marketing-Forum
Das Content-Marketing-Forum, das aus dem Forum Corporate Publishing entstanden ist, beschreibt sich selbst als „Verband der führenden Content-Marketing-Agenturen und -Verlage im deutschsprachigen Raum“. Eine kurze Definition des Content-Marketing-Begriffs findet sich in dem vom CMF herausgegebenen Whitepaper zum Thema Content Promotion.
„Content Marketing ist die Kommunikationsdisziplin, die mit redaktionellen Inhalten strategische Unternehmensziele vorantreibt. Alle Inhalte entfalten auf den eingesetzten Kanälen eine messbare Wirkung.“
Die ausführliche Definition ist (2016) auf der Startseite des CMF zu finden:
Richtigerweise erweitert das CMF den Wirkungsbereich auch auf Print, denn das Content-Marketing muss ganzheitlich über alle kundenorientierten Medien gesehen werden. Zudem wird mit Blick auf die Customer Journey der Fokus auf Touchpoints gelegt, um dort messbar die Bekanntheit zu steigern, das Image zu pflegen, Kundenbindung und Kundengewinnung zu betreiben und abschließend den Kaufimpuls auszulösen.
Der Content wird als zentrales Element genannt und die Messbarkeit hervorgehoben. Eine konkrete Benennung des Marketings wie bei Eck/Eichmeier (Marketingmaßnahmen) finden wir jedoch nicht. Und das, obwohl es sich bei den in der Definition festgelegten Effekten um originäre Marketing-Themen handelt (Kundenbindung, Kundengewinnung, Imagepflege, Bekanntheit steigern), die sich ganz klar auf den Kunden fokussieren und nicht nach innen ins Unternehmen gerichtet sind. Aus meiner Sicht gibt es keinen im Content-Marketing fundierten Grund, der rechtfertigen würde, die Definition auf die Mitarbeiter- und die interne Kommunikation auszuweiten. Ein eventuell aufkommendes Argument, dass sich Mitarbeiter beispielsweise als Markenbotschafter betätigen sollten, wäre richtig. Daraus ließe sich aber nach meinem Verständnis nicht ableiten, dass das Content-Marketing eine Kommunikationsform zur Bespielung interner Belange wird.
Mir scheint diese Vorgehensweise nicht ganz trennscharf; vielleicht gibt es ja ein Statement vom CMF zu diesem Thema, das diese Integration verständlicher macht und das ich dann gerne an dieser Stelle veröffentliche. Meines Erachtens findet sich hier ein Überrest aus Corporate-Publisher-Zeiten, als neben extern ausgelieferten Kundenmagazinen auch Mitarbeitermagazine für die interne Kommunikation produziert wurden und immer noch werden. Diese gelebte Historie und der originäre Schwerpunkt auf der Produktion redaktioneller Inhalte verleiten dazu, die redaktionelle Tätigkeit besonders hervorzuheben und eben die interne Kommunikation überhaupt in die Definition zu integrieren.
Im Ergebnis liefert das CMF aus meiner Sicht keine durchgängig sachlich fundierte Definition, sondern eine teilweise strategisch ausgerichtete und interessengeleitete – mit dem Ergebnis einer verwässernden Beschreibung, die sich nur bedingt für rein fachlich orientierte Überlegungen als Hilfsinstrument einsetzen lässt. Statt als Definition würde ich die Ausführungen deshalb eher als Standpunkt bezeichnen.
Von dieser Kritik abgesehen möchte ich auf diese zwei Dokumente des CMF hinweisen, die ich für sehr gelungen halte. Sie beschreiben die Verteilung von Content über eigene Distributionswege (Owned Media) und über den Weg der Promotion (Paid Media, Earned Media) und zeigen dabei klar und übersichtlich die Verschränkungen und Wirkungsweisen im Content-Marketing auf:
Content-Marketing bei Mirko Lange
Mirko Lange hat unter anderem auf seiner Website talkabout.de eine Menge interessante und hilfreiche Artikel geschrieben, die das Content-Marketing aus verschiedensten Blickwinkeln betrachten. Eine klare Definition habe ich bei ihm zunächst einmal nicht gefunden; sieht man sich seine zahllosen kostenlos abrufbaren Präsentationen auf Slideshare an, kann man sich allerdings einen Eindruck seiner Sichtweise verschaffen.
In einer seiner Präsentationen kennzeichnet Lange das Content-Marketing als „Ein Konzept der ganzheitlichen, marktorientierten Content-Steuerung zur Befriedigung der Bedürfnisse und Erwartungen von Kunden und anderen Interessengruppen.“ (Strategisches Content Marketing, Ein Framework zur Strategieentwicklung, Content Marketing Conference, 5. März 2015, Köln, Folie 16).
Bezieht man sich auf den Gedanken der marktorientierten Content-Aussteuerung, muss man sich auch schon mit dem Strategischen-Content-Marketing-Framework (SCOM) auseinandersetzen, mit dem er den wohl aktuell umfassendsten zusammenhängenden Ansatz zur Beschreibung des Content-Marketing abliefert.
Das SCOM-Framework ermöglicht mit seinem durchdachten Aufbau, aus einem strategischen Content-Marketing-Ansatz heraus operatives Content-Marketing zu betreiben. Lange rückt dabei das Kundenbedürfnis (z.B. den Bedarf nach einem Produkt) in Zentrum der Kommunikation und richtet die Content-Marketing-Aktivität so aus, dass sie alles tut, dem Kunden zu helfen, dieses Bedürfnis zu befriedigen: Content-Marketing erfüllt in diesem Zusammenhang das Kundeninteresse an Information, um darüber das Vertrauen in die Marke zu verstärken und am Ende eine positive Aktion des potentiellen Kunden hervorzurufen.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von www.slideshare.net zu laden.
Kernstück zum Setzen eines Aktionsimpulses ist der Begriff der Story, die als zentrales (Marken-)Element über den Content ausgespielt wird. Oder wie es Lange ausdrückt: “Die Story verbindet die Marke mit der Lebenswirklichkeit des Kunden! Dadurch entsteht Relevanz. Die Story ist das zentrale Narrativ, auf das jeder Content einzahlt und das den gesamten Content miteinander verbindet.” (Folie 68)
Darüber hinaus bietet Lange Werkzeuge, die helfen, einerseits konzeptionelle Content-Ansätze herauszubilden (Bestimmung des Content-Nutzen für den Kunden / den zu produzierenden Inhalt über den Content-Radar) und andererseits übergreifende Ansätze für Content mit einzubeziehen (Bestimmung der übergreifenden Content-Sortierung und -Ausrichtung nach dem FISH-Modell).
Auf dieser Basis kann der bestehende oder zu erzeugende Content dann in strategische Überlegungen integriert (strategisches Content-Marketing) sowie in der konkreten Umsetzung in Content-Formate und zur Ausspielung in die richtigen Content-Kanäle eingeordnet werden (operatives Content-Marketing).
Aber das ist bei Weitem nicht alles: Lange bietet mit Scompler eine SaaS-Lösung, mit der sich dieses strategische Framework und der entsprechende Content direkt auf Tool-Ebene vom Redaktionsplan bis hin zur kontrollierten Ausspielung im Teamwork in verschiedene Kanäle umsetzen lässt.
Eine allumfassende Definition des Content-Marketing gibt es so nicht bei Lange. Seine Inhalte machen besonders in ihrer Gesamtheit Sinn: Es handelt sich eben um ein Framework, das anstatt ‘nur’ Informationen anzubieten, konkret anwendbare Werkzeuge offeriert und das aufgrund dieser beeindruckend vielschichtigen Umsetzung zum Thema Content-Marketing aus dem Markt hervorsticht. Hut ab vor dieser Leistung.
Zu guter Letzt findet sich dann doch noch eine Aussage von Lange zum Content-Marketing, die ich als kurzes Statement interpretiere: “Content Marketing ist die Kunst, mit Kommunikation Bedürfnisse zu erfüllen und deswegen geliebt oder geachtet zu werden.” (Folie 124)
Zwischenfazit: Die bisher betrachteten Definitionen bringen uns nicht wirklich weiter auf der Suche nach der ‘richtigen’ deutschen Definition des Begriffs ‘Content-Marketing’.
Die bisher betrachteten Definitionen bringen uns nicht wirklich weiter auf der Suche nach der ‘richtigen’ deutschen Definition des Begriffs ‘Content-Marketing’. Eck/Eichmeier bieten eine zu allgemeine Beschreibung an. Das Angebot des Content-Marketing-Forum richtet sich zu sehr aus auf die Unternehmenskommunikation an sich und verwässert nach meiner Interpretation das eigenen Statement durch Verbandsinteressen. Mirko Lange bietet keine allumfassende eigene Definition an, sondern zeigt in seinem Framework, worauf es beim Content-Marketing ankommt.
Jutta Verhoog analysierte 2015 in ihrer Masterarbeit “Content Marketing. Nur ein Modewort oder tatsächliche (R)evolution von Marketing und Kommunikation?” zahlreiche Definitionen zum Content-Marketing und stellte die Sichtweisen verschiedener Autoren gegenüber. Dabei stellt sie zwar unterschiedliche Ausrichtungen, aber kaum inhaltliche Unterschiede fest: “Es gibt aber keine inhaltlichen Widersprüche zwischen den Autoren. Wo die Definition des einen anfängt, hört die andere auf.”
Aus ihrer interessanten Analyse heraus führt sie Schwerpunkte der untersuchten Definitionen zusammen und kommt zu folgendem eigenen Definitionsergebnis:
‘Content Marketing ist eine medienübergreifende Pull-Strategie des Marketings zur Planung, Erschaffung, Bereitstellung und strukturierten Verbreitung von Inhalten (=Content), die für eine klar definierte Zielgruppe relevant, nützlich, beratend, aktivierend und/oder unterhaltend und zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und auf dem richtigen Endgerät verfügbar sind. Content Marketing will das Interesse der Zielgruppe gewinnen und die Kommunikation mit ihr anregen und fortführen sowie ein Unternehmen oder eine Marke als Experte in seinem/ihrem Fachgebiet positionieren, um letztendlich profitable Kundenhandlungen auszulösen.’ (Content Marketing. Nur ein Modewort oder tatsächliche (R)evolution von Marketing und Kommunikation?, S.25)
Obwohl ich die Idee gut finde, Definitionen auf der Basis von datenbasierten Gewichtungen zu vereinen, muss man den Ansatz grundsätzlich hinterfragen: Wie viele und welche Definitionen sollten denn verwendet werden? Sind sechs Definitionen genug? Brauchen wir nicht mindestens 30, 50, 2000? Für Auswahl der Definitionen braucht es Kriterien, die jemand bestimmen muss. Es findet hier also kein Wettbewerb der Ideen und Erkenntnisse statt, der automatisch die beste Definition hervorbringt.
Definition des Content Marketing Institute beschreibt die Mechanik des Content-Marketing.
Mirko Lange beschreibt sein SCOM als ein Framework für Strategisches Content Marketing. Nicht ohne Grund werden Strategien inzwischen als wichtigstes Element bei Unternehmen gesehen, die Content-Marketing betreiben wollen. Was sind Strategien? Zunächst einmal handelt es sich bei Strategien um Maßnahmen, die (geplant positive) Auswirkungen auf die zukünftige Entwicklung von Unternehmen haben. Um Strategien entwickeln zu können, braucht man ein Grundverständnis der Wirkungsweisen der eingesetzten Maßnahmen. Eine Content-Marketing-Strategie setzt in diesem Fall also ein Verständnis von der Mechanik des Content-Marketing voraus, die man sich beispielsweise aus den Informationen des CMF, von Eck/Eichmeier oder Lange herausarbeiten kann.
Die schnelle Antwort, um die zentralen Wirkmechanismen des Content-Marketing aufzuzeigen, wäre wahrscheinlich zunächst die folgende: Das Ziel ist es, über hochwertigen Content immer wieder Besucher auf die Website zu locken, damit sie Vertrauen zur Marke aufbauen und irgendwann ein Produkt kaufen oder eine Dienstleistung in Anspruch nehmen.
Diese verkürzte Beschreibung zeigt nur einen Ausschnitt des CM und hat natürlich einen Ursprung: Die beste Annäherung an eine Antwort auf die Frage danach, was das Content-Marketing im innersten Kern ausmacht, kann vielleicht – nachdem in deutschen Landen bisher keine einheitliche Definition vorhanden ist – die rauf und runter zitierte Definition des Content Marketing Instituts als wahrscheinlich weltweit führende Beschreibung bieten. Mir hat sich bei der Betrachtung die Frage gestellt, ob diese Definition mit den verwendeten Begriffen die Bedeutungsdimension des Content-Marketing abbilden kann:
„Content marketing is a strategic marketing approach focused on creating and distributing valuable, relevant, and consistent content to attract and retain a clearly-defined audience — and, ultimately, to drive profitable customer action.“
Folgen wir (halbwegs frei übersetzt) dieser Definition, dann zielt das Content-Marketing als strategischer Marketingansatz darauf ab, über die Erstellung und Verteilung von wertvollen, relevanten und konsistenten Inhalten ein klar definiertes Publikum anzuziehen und zu halten, um anschließend eine lohnenswerte Kundenaktion herbeizuführen.
Eine ähnliche Übersetzung bietet Miriam Löffler in ihrem Buch ‘Think Content!’ (S. 203):
„Content-Marketing ist die Kreation und Verbreitung von relevantem, nützlichem Content mit der Absicht, eine klar definierte Zielgruppe anzuziehen, zu begeistern und zum Handeln zu animieren – und so profitable Kundenbeziehungen aufzubauen.“
Das hört sich gut an, und wir finden einige von Eck/Eichmeier, dem CMF und Lange erwähnten Aspekte darin. Meines Erachtens müssen wir bei der Analyse dieser Content-Marketing-Definition genau hinschauen: Das Content-Marketing-Institut liefert uns mit den drei Formulierungen ‚valuable, ‚relevant’ und ‚consistent’ Begriffe, die helfen, das Content-Marketing gut zu beschreiben. Für ‚valuable’ finden sich Übersetzungen wie ‚wertvoll, ‚kostbar’ oder ‚nützlich’. ‚relevant’ wird übersetzt mit ‚entsprechend’, ‚sachdienlich’, ‚von Bedeutung’ oder ,passend’ neben weiteren. ‚consistent’ bedeutet beispielsweise ‚widerspruchsfrei’, ‚folgerichtig’, ‚beständig’ oder ,gleichbleibend’.
Die Begriffswahl in Definitionen hat Auswirkungen auf unsere Art, über ein Thema nachzudenken: Definitionen bestimmen unsere Wahrnehmung und dadurch unsere Denkweise.
Wir sehen: Die Mehrdeutigkeit der Begriffe bringt uns in die Bredouille, den richtigen Begriff für eine Übersetzung auszuwählen. Und wie ich zeigen möchte, hat die Begriffswahl Auswirkungen auf unsere Art, über ein Thema nachzudenken: Definitionen bestimmen unsere Wahrnehmung und dadurch unsere Denkweise.
Bedeutungsvielfalt im Content-Marketing am Beispiel des Begriffs ‚valuable‘ aus Unternehmens-/Produktionssicht
Offensichtlich öffnen die Originalbegriffe einen weiten Bedeutungsraum, der sich nicht so einfach auf Einzelbegriffe im Deutschen überführen lässt. Was das bedeutet, möchte ich zunächst am Begriff ‚valuable content‘ mit den Übersetzungen ‘wertvoll’, ‘kostbar’ oder ‘nützlich’ herausarbeiten. Denn jede Begriffsauswahl setzt einen Schwerpunkt und führt im Nachgang zu unterschiedlichen Überlegungen: Übersetzt man ‚valuable’ beispielsweise mit ‚nützlich’, läuft man schnell Gefahr, den Wert eines Artikels aus Kundensicht nur an seiner operativen Verwendungsfähigkeit zu bemessen und in die Bearbeitung von konkreten Anleitungen und Hinweisen abzugleiten. Diese Übersetzung rückt uns eher in die Welt der Tipps und Tricks.
Dies hat Konsequenzen, die man sich bewusst machen sollte: Um zunächst einmal nicht missverstanden zu werden, schätze ich solche Artikel sehr, sie sind eben hilfreich und nützlich. Betrachtet man solche Tipps- und Tricks-Artikel – beispielsweise zu Content-Marketing-Themen – aus Produzentensicht, scheinen sie zunächst einmal leichter umzusetzbar, weil sich Ergebnisse aus den im Markt gemachten Erfahrungen ableiten lassen. Solche Artikel werden oft auf der Basis von Trial-and-Error erzeugt. Diese Erfahrungen kann jedoch jeder machen, der sich mit der Produktion und Verteilung von Content auseinandersetzt.
Während die Fokussierung auf die Nützlichkeit für den (potentiellen) Kunde ein wichtiges Argument ist, einen solchen Artikel zu lesen, stellt sich für Produzenten die Frage, welchen Wert sie für ihn haben. Eine leichtere Umsetzungsmöglichkeit bedeutet gleichzeitig eine größere Anzahl vergleichbarer Artikel. Geringe Produktionshürden führen zu einem starken Wettbewerb. Wer sich also darauf ausrichtet, einen Blog mit Tipps und Tricks zu einem Thema aufzubauen, braucht neben einem langen Atem kontinuierlich nutzbringende Inhalte und/oder ein hervorstechendes Alleinstellungsmerkmal im Konkurrenzkampf um den Besucher, um erfolgreich zu sein.
Was also aus Kundensicht zunächst einmal vorteilhaft ist, kann sich für Unternehmen/Produzenten als wenig erfolgversprechende Investition herausstellen, weil es zu viele Konkurrenzangebote gibt. Die Unternehmens-/Produzentensicht wirft somit einen anderen Blick auf den Content, sie bemisst die Wertigkeit von Content an den Produktionskosten in Relation zu den Ergebnissen, die mit dem Content erzielt werden.
So interpretiert ist die Ausrichtung am Begriff der ‘Nützlichkeit’ von Content alleine für Produzenten nicht immer die beste Wahl, wenn man Content-Marketing betreiben möchte.
‘Kostbarer’ und ‘wertvoller’ Content
‚valuable‘ lässt sich ebenfalls schwammig mit den Adjektiven ‚kostbar’ und ‚wertvoll’ übersetzen. Die Erstellung von kostbarem und wertvollen Content fällt schwerer, denn was macht ‚wertvollen’ oder ‚kostbaren’ Content aus? Was ist der Gegenwert für solche Inhalte, den wir vom Leser erhalten müssten, um Content auch aus Produzentensicht als wertvoll bezeichnen zu können?
Das Inbound Marketing beantwortet diese Frage nach der Wertigkeit von angebotenen Inhalten wie Whitepapern oder eBooks beispielsweise mit dem Sammeln von Kundendaten (Leads), und dies ist wahrlich ein guter Gegenwert für informationsreichen Content. Welchen Wert sich Kunden von dem Content erhoffen, lässt sich an den Downloadzahlen solcher Inhalte ablesen. Für Unternehmen ‘wertvoller’ Content triggert beim Besucher eine Handlung an, mit der er einen Gegenwert zurückgibt.
Mirko Lange und Maël Roth haben einmal in einer Präsentation wichtigen Content als ‚nutzwertig’ bezeichnet (die Präsentation muss ich aktuell noch raussuchen) – eine schöne Melange aus ‚nützlich’ und ‚wertvoll’. Dieser Begriff beschreibt zunächst einmal die Kundensicht auf den Content und die Nützlichkeit und somit seinen Wert für den Kunden. Andersherum interpretiert bestimmt sich der Wert des Contents für den Produzenten beispielsweise in der Anzahl der Abrufe und gegebenenfalls, sollte der Content an eine Inbound-Marketing-Aktion gekoppelt sein, an der Anzahl der sich von daraus ergebenden Leads. Insofern haben wir immer zwei Sichtweisen auf den Content, die Kundensicht und seine Bewertung durch die Abrufzahlen oder seine Interaktionen mit den Inhalten sowie die Produzentensicht, die an der Kundenreaktion ausmacht, wie erfolgreich der Content gewesen ist.
Der Begriff ‚Nutzwert’ bildet sowohl den Wert für den Konsumenten wie auch für den Produzenten ab und scheint mir deshalb richtig gewählt und eignet sich gut als Übertragung in eine deutsche Übersetzung.
Lässt sich nun noch den Begriff ‚kostbar‘ unterbringen? Er kommt aus meiner Sicht dem Adjektiv ‚hochwertig‘ sehr nah. Ist es dasselbe? Was macht hochwertigen Content aus?
Hochwertiger Content
Aufwändig produziertem Content sieht man seine hohe Wertigkeit nicht immer an. Was muss Content leisten, wenn wir ihn als ‚hochwertig‘ beschreiben wollen? Die investierte Arbeitszeit alleine reicht zumeist nicht aus, damit zum Beispiel ein Text von außen als hochwertig erkannt wird.
Die folgende Analogie verdeutlicht dies: Ein als Auftragsarbeit aufwändig bearbeiteter Steinblock, in den ein unbekannter Bildhauer für teures Geld unzählige Stunden an Arbeitszeit investiert hat, mag aus Unternehmenssicht kostenintensiv in der Erstellung gewesen sein, hochwertig ist er nicht. Für den potentiellen Käufer bleibt der Steinblock ein Steinblock. Die Situation ändert sich, wenn man das Namensschild von Joseph Beuys als Urheber darunter hängt. Der Steinblock wird dadurch aufgewertet, dass er einem anderen Markt unterworfen wird, dem von Angebot und Nachfrage nach Beuys-Werken. Aber ist der Steinblock deshalb hochwertig? Aus Käufersicht ist er wohl eher wertvoll, vielleicht sogar kostbar.
Hochwertig meint also offensichtlich etwas anderes. Produkte werden in der Regel als ‚hochwertig‘ bezeichnet, wenn die Materialien oder Komponenten, somit also die Einzelbestandteile, für sich gesehen schon wertvoll sind. Apple-Produkte werden als hochwertig wahrgenommen, weil jedes verwendetes Teil sich von der Masse ähnlicher Produkte im Design oder in der Einfacheit der Anwendung von Konkurrenzprodukten abheben. Beim iMac wird ein leistungsfähiger Monitor ausgeliefert, der aus Kundensicht den Wert dieses PCs erhöht mit der Folge, dass Käufer bereit sind, diesen Mehrwert zu bezahlen.
Auf Content wie Artikel übertragen muss normaler Text somit mit anderen Medientypen angereichert werden, die für sich gesehen schon einen Wert enthalten. Komponenten mit Eigenwert steigern den Gesamtwert des Artikels: Dies können beispielsweise aufwändig produzierte Infografiken sein oder aufwändig gedrehte Videos, die den textlichen Inhalt ergänzen. Ebenso kann man die Ergebnisse einer Studie, exklusiv in einem entsprechenden Bericht aufbereitet, als Ergänzung eine textlichen Rahmenkonstrukts verstehen. Aber an dieser Stelle wird eine Unterteilung in Artikel und integrierte Sonderinhalte schwammig.
Funktionaler Wert von Content
Unabhängig von solchen Wertsteigerungen ist eine grundlegend hohe Qualität eine notwendige Basis für die positive Markenwahrnehmung. Die Firma Acrolinx ist in ihrer Studie „The Global Content Impact Index“ auf dieses Thema eingegangen und konnte aufzeigen, dass eine durchgängige gute Content-Qualität positive Auswirkungen auf die Markenwahrnehmung und den Verkauf von Produkten hatte. Wir finden die häufig formulierte Stereotype in Slide Nummer 9 im Vortrag von Paul Francis Steele: „Content-Marketing zielt darauf ab, durch die Bereitstellung von hochwertigem und relevantem Content die Zielgruppen zu erschließen. In diesem Bericht über seinen Vortrag finden wir Gedanken dazu, dass Inkonsistenz in der Schreibart und grammatische/orthografische Fehler negative Auswirkungen auf Markenwahrnehmung haben.
Welche Kriterien aus SEO-Sicht an Content guter Qualität gelegt werden, führt Patrick Stox in seinem umfangreichen Artikelaus.
Wie diese beiden Beispiele zeigen, lässt sich der Wert von Content aus Unternehmenssicht auch mit Blick auf die Markenwahrnehmung und mit Blick auf seine Funktionalität hinsichtlich der Auffindbarkeit betrachten. Am augenscheinlichsten ist natürlich die jeweils aktuelle, kurz- und mittelfristig messbare Wirkung von Content, die mit großer Wahrscheinlichkeit langfristig abnimmt. Trotzdem oder gerade deswegen ist die Einschätzung von Content als Unternehmenswert oder eben als Business Asset, wie von Simon Geisler (CMO, Ebner Verlag) beschrieben, richtig. Häufig enthält älterer Content Inhaltselemente, die sich wieder aufbereiten, also recyceln lassen, wie Klaus Eck hier beschreibt.
Typisierungen von Content als Ansatz, um Content verwertbar zu machen
Nicht jeder Content erzielt dieselbe Wirkung: Während manche Inhalte nur kurzfristig auffallen (News), lässt sich mit anderen Inhalten mittel- und langfristig Sichtbarkeit generieren, weil solcher Content einen Informationsgehalt bietet, der dauerhaft für Besucher interessant ist. Wir haben es also mit unterschiedlichen Content-Arten zu tun, die sich typisieren lassen. Solche Differenzierungen helfen uns, Kundenbedürfnisse zu erkennen, abzuleiten und zu bedienen. Typisierungen von Content bieten beispielsweise das FISH-Modell von Mirko Lange oder die Unterscheidung in Hub-, Hygiene- und Hero-Content (Seite 10) von Google.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von www.slideshare.net zu laden.
Strategien basieren auf Definitionen, Unterscheidungen, Typisierungen, Modellen
Solche Differenzierungen vermitteln konkrete Anwendungsmöglichkeiten und ermöglichen, Strategien aufzusetzen, die solche Modelle in einen größeren Wirkzusammenhang bringen. In dieser Korrelation gesehen, werden Einschätzungen wie die von Karen McGrane operabel (Managing Partner Bond Art + Science, Buch „Content Strategy for Mobile“).
„Eine wahre Content Strategie fokussiert eher darauf, was es kostet Inhalte zu erschaffen, Techniken für das Evaluieren von erfolgreichen Inhalten zu finden, so dass redaktionelle Bemühungen verbessert werden können und sicherzustellen, dass Inhalte effektiv auf verschiedenen Webseiten und Kanälen wiederverwendet werden.“
Man muss McGranes andere Ausführungen im dortigen Artikel nicht teilen (Content-Strategie vs. Content-Marketing-Strategie), sie sollen nur als Beispiel für Sichtweisen dienen, die ein extremes Schwergewicht auf die effektive Verarbeitungsweise von Content im Sinne der „operational effectiveness“ legen, wie sie Michael E. Porter schon 1996 in seinem Artikel „What is Strategy“ beschreibt. Die Steigerung der Effektivität ist ein wichtiges Momentum, wenn man von Strategien redet:
„Operational effectiveness (OE) means performing similar activities better than rivals perform them. Operational effectiveness includes but is not limited to efficiency. It refers to any number of practices that allow a company to better utilize its inputs by, for example, reducing defects in products or developing better products faster. In contrast, strategic positioning means performing different activities from rivals‘ or performing similar activities in different ways.“
Für viele Unternehmen liegt der Aktionsschwerpunkt in Hinsicht auf das (zu etablierende) Content-Marketing sicherlich aktuell darauf, die zur Umsetzung notwendigen internen Prozesse und Abläufe aufzubauen. Dass es sich bei der ‚operational effectiveness‘ nicht um der Weisheit letzter Schluss handelt und hingegen die starke Markenpositionierung eine sehr wichtige Rolle spielt, jedoch aufgrund zunehmender Markendeformierungen immer schwieriger wird, sollen Ausführungen im nächsten Artikel zeigen.
Ausblick
Hat es etwas gebracht, Teile der Definition des ‚Content Marketing‘ des Content Marketing Instituts zu interpretieren? Meines Erachtens lässt sich als wichtigste Erkenntnis herausarbeiten, dass diese Definition mit ihren verwendeten Formulierungen wie ‚valuable‘ einen erheblichen Begriffsumfang /eine Mehrdeutigkeit beinhaltet und dadurch beispielsweise eine Beschreibung der Wertigkeit von Content ermöglicht, die mit der deutschen Sprache schwerer oder nur mit längeren Ausführungen abzubilden ist. Aus diesem Grund ist die englischsprachige Definition funktionaler, und dies mag ein Grund sein, warum es aktuell keine Entsprechung im deutschen Raum gibt.
Sind wir am Ende der Interpretation? Keineswegs. Bisher noch nicht bestimmt wurde die Wertigkeit von Content aus Kundensicht, und welche Rolle dabei die Begriffe ‚relevant‘ und ‚consistent‘ spielen. Diese Verständnis aufzubauen ist wichtig, weil sich daraus Ansätze für das Marketing entwickeln, die über das Content-Marketing hinausweisen.